Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Neues aus der Mongolei
19. bis 25. November 2007

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar, Berlin

Großer Staatskhural bestätigt Sanjiin Bayar als Ministerpräsident
Auf der Sitzung des Großen Staatskhurals am 22. November wurde Sanjiin Bayar als 25. Ministerpräsident der Mongolei bestätigt.
Die Mitglieder seiner Regierung sollen bis zum Abend des 25. November berufen werden, bevor Präsident Enkhbayar am 26. seine Auslandsdienstreise antritt, die ihn in die VAE, nach Kuwait und Katar führen wird.

Tag der Verfassung
Am 26. November jährt sich zum 83. Mal der Tag, an dem auf dem Ersten Großen Staatskhural* die erste Verfassung der Mongolei verabschiedet und die Mongolische Volksrepublik proklamiert wurde.
77 Delegierte aus den vier Khalkh-Aimags, den Altai- und Khuvsgul-Khoshuus, der Streitkräfte sowie des Ikh Shav’ (Verwaltungseinheit des ehemaligen Bogd-Gegeen-Besitzes) hatten sich seit dem 08.11.1924 in der Hauptstadt versammelt, um über die zukünftige Staatsform und die Regierungspolitik abzustimmen.
Der Tod des VIII. Bogd-Gegeen (Oberhaupt der lamaistischen Kirche und seit 1911 auch Staatsoberhaupt) im Mai 1924 erleichterte den von der Komintern und der Partei der Bolschewiki forcierten Übergang von der konstitutionellen Monarchie (seit 1921) zur Volksrepublik nach sowjetischem Muster.
Der 26. November ist seitdem offizieller Feiertag, seit der politischen Wende 1992 wird er als „Tag der Verfassung" oder „Tag der Republik" begangen und ist arbeitsfrei.

*Bezeichnung für das mongolische Parlament nach 1924, wurde später in Großer Volkskhural umbenannt, seit 1992 wieder Großer Staatskhural.


Botschafter T. Galbaatar in seinem Büro. Gemälde Wintertag in der Mongolei von U. Yadamsuren. 1964

Gespräch mit Dr. T. Galbaatar, Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Mongolei in der BR Deutschland am 16.11. 2007 in Berlin

Wie schätzen Sie die aktuelle politische Situation in der Mongolei nach dem MRVP-Parteitag und den Rücktrittserklärungen von Regierung und Ministerpräsident ein?
Der Große Staatskhural hat die Rücktrittsgesuche angenommen, Sanjiin Bayar wurde als Ministerpräsident vorgeschlagen und darüber wird jetzt im Parlament diskutiert.
Das ist normal in einer parlamentarischen Demokratie und stellt kein Problem für die Kontinuität der Regierungsarbeit dar.
Die MRVP hat den größten Beitrag für das Regierungsprogramm geleistet und verteidigt das Erreichte. Aufgabe der Opposition ist es, zu kritisieren und Forderungen zu stellen.
Ja, die Demokratische Partei hat es abgelehnt, in die neue Regierung einzutreten.
Es wird aber wohl eine Koalitionsregierung zustande kommen.
Nach den Wahlen 2004 verfügte die MRVP über 38 Sitze, einer kam später durch einen Parteiübertritt hinzu.
Laut Verfassung zählt jedoch für die Fraktionsstärke das offiziell bestätigte Wahlergebnis. Die Mehrheit der MRVP ist also nicht unbedingt als komfortabel zu bezeichnen.
Eine Koalition erscheint mir als der gangbarere Weg.

Worin sehen Sie die Ursachen für das zunehmende politische Desinteresse der Mongolen?
Ja, das wäre bedauerlich und sollte uns beunruhigen. Wir waren immer sehr stolz auf die hohe Wahlbeteiligung in den letzten 17 Jahren.
Trotzdem zeigen die regelmäßig veröffentlichten Umfragen, dass das Interesse am politischen Geschehen im Land nicht geringer geworden ist.
Immer mehr Gruppen artikulieren ihre Interessen, ihre Vorwürfe und stellen eigene Konzepte vor.
Korruptionsvorwürfe sind ein ernst zu nehmendes Problem, besonders für die größeren Parteien. So erreicht die MRVP in den jüngsten Umfragen nur noch Werte von 29 Prozent, die DP bringt es auf 31 Prozent.
Der Wechsel von der Großen Koalition zur Regierung der Nationalen Solidarität 2006 bescherte der Regierung und der MRVP einen schweren Stand im Großen Khural, aber auch in der Zivilgesellschaft. Das wiederum zeugt aber gerade von einer entwickelten Demokratie und sollte eigentlich als Erfolg gewertet werden. Die Bürger verstehen immer besser, dass sie „eine richtige Politik verlangen können". Bis 2004 hat es das so in der Mongolei nicht gegeben.
Institutionen wie ein modernes Gerichtswesen, freie Medien tragen zur politischen Bildung der Bevölkerung bei.
Voraussetzung ist natürlich immer ein entsprechendes Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten, der Politiker, Bürger und der Journalisten.

Welche Bedeutung hat das Datum 26. November - der Tag der Proklamierung der Volksrepublik - heute?
Das Datum hat nichts an Bedeutung verloren. Im Gegenteil.
Wir begehen heute diesen Tag mit mehr Verständnis als in den Jahrzehnten zuvor. Nicht nur ist der 26. November ein arbeitsfreier Feiertag geworden. Eine Reihe von Veranstaltungen zu Themen wie Demokratie und Menschenrechte, über unsere Möglichkeiten, an politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben sowie die Auseinandersetzung um Ziele und die Wege zu ihrer Verwirklichung, tragen zur Motivierung der Menschen bei, ihre Interessen wahrzunehmen. Seit 1924 wurde alle vier Jahre gewählt. In der Verfassung von 1924 wurden die Mongolen erstmals als Subjekt behandelt, Sätze wie „Die Macht gehört dem Volk", „Alle Menschen sind gleich" setzten sich allmählich in den Köpfen fest und führten letztendlich mit dazu, die Ideen von Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung durchzusetzen. Nach 1990 vollzogen sich die politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen friedlich. Die Demokratie konnte sich relativ schnell in der Mongolei durchsetzen.
Anlässlich des diesjährigen Verfassungstages werden wir mit in Deutschland lebenden mongolischen Staatsbürgern in der Botschaft über die aktuelle Lage in der Mongolei und über Verbesserungsvorschläge diskutieren und natürlich auch Wissen über die Geschichte der Verfassungen und des Landes vermitteln.


Mongolische Botschaft in Berlin-Pankow

Wie haben sich die Beziehungen zwischen der Mongolei und Deutschland in den letzten beiden Jahren entwickelt? Was werten Sie als größte Erfolge Ihrer bisherigen Amtszeit?
Ich freue mich über die vortrefflichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern.
Seit 2006 bezeichnen unsere Regierungen die Beziehungen zwischen der Mongolei und Deutschland als „umfassende Partnerschaft".
Dies wurde während der außenpolitischen Konsultationen im Oktober in Berlin bestätigt.
Der Präsident und der Vorsitzende unserer Parlamente haben sich gegenseitige Besuche abgestattet.
Unsere Beziehungen beruhen auf Freundschaft und gegenseitigem Nutzen.
Keine Probleme gibt es in den politischen Beziehungen.
In der Wirtschaft wollen wir in Zukunft enger zusammenarbeiten.
Gerade im Bergbau gibt es dafür ein großes Potenzial. Deutschland verfügt über modernste Technologien, z. B. bei der Rekultivierung aufgelassener Böden.
2007 besuchte zum ersten Mal ein deutscher Wirtschaftsminister die Mongolei, 2008 wird erneut eine hochrangige Wirtschaftsdelegation in der Mongolei erwartet.
Ein Ergebnis der ersten Wirtschafts - Regierungskonsultationen ist die Bildung einer Arbeitsgruppe, die die Ausweitung eines Engagements im mongolischen Bergbau sondiert.
Wir sind auf dem besten Wege, deutsche Unternehmer zu überzeugen, dass eine Tätigkeit in der Mongolei durchaus attraktiv sein kann. Die Zahl der Interessenten steigt zwar langsam, aber sie steigt.
Die deutsche Wirtschaft war über Möglichkeiten in der Mongolei nur unzureichend informiert. Wir haben die Firmen direkt angesprochen und Informationsmaterial verschickt.
Vor wenigen Tagen war ich Gast in Erfurt. Wir sind daran interessiert, unsere Kontakte auch zum Land Thüringen auszubauen.
Die Fotoausstellung „Bilder aus der Ferne" (sh. auch „Neues aus der Mongolei vom 03. bis zum 09. September 2007), die bis vor wenigen Tagen in Erfurt zu sehen und sehr gut besucht war, ist jetzt in einer Privatgalerie in Eisenach zu sehen.

Wie hat Ihre Familie auf den Umzug nach Deutschland reagiert?
Unsere Kinder Sara und Misheel studierten bereits in Deutschland und hatten sich gut eingelebt.
Für meine Frau Chimeg war es etwas schwieriger. Sie musste eine verantwortungsvolle Tätigkeit in Ulaanbaatar aufgeben.
Doch das Interesse war groß. Wir haben beide in Deutschland studiert, kennen das Land.
Berlin ist eine der lebendigsten Städte Europas, kulturell sehr vielfältig.
Wir sind sehr froh, hier zu sein.

Herr Botschafter, wir danken Ihnen für das Gespräch.


V. l. Botschafter Fischer, Vorsitzender des Verfassungsgerichts Byambadorj, HSS-Repräsentantin Sarantuya, Präsident Enkhbayar, Dr. Gepperth. Foto K. Bormann

Deutsch-Mongolische Zusammenarbeit im Rechtswesen
Am 19. November wurden in Ulaanbaatar die neuen Räume der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) in einem Neubau in der Nähe der Kunsthochschule feierlich eingeweiht.
Prof. Dr. Ts. Sarantuya, Hochschullehrerin, Mitglied des Verfassungsgerichts und Repräsentantin der HSS in der Mongolei konnte neben Präsident Nambaryn Enkhbayar und den Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, Prof. Byambadorj, den deutschen Botschafter, Pius Fischer, die Vertreter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), des DAAD sowie anderer mongolischer und deutscher Behörden und Organisationen begrüßen.
In ihren Reden schätzten Präsident Enkhbayar und Dr. Dr. h. c. Rainer B. Gepperth (HSS, Institut für Internationale Begegnungen und Zusammenarbeit) die Ergebnisse der deutsch-mongolischen Zusammenarbeit bei der Reformierung des Justizwesens in der Mongolei als außerordentlich nützlich ein. Enkhbayar versprach, alles dafür zu tun, dass die sehr erfolgreiche Arbeit der Stiftung, gerade bei der Aus- und Weiterbildung der Angestellten im Justizwesen, bei der Beratung und Aufklärung der Bevölkerung in konkreten Rechtsfragen und bei der Umsetzung und Kontrolle der Rechtsbestimmungen fortgesetzt werden kann.
Zum Abschluss der Veranstaltung stellten sich die „Die Steppenmädchen" einmal mehr mit Liedern, Tänzen und Akrobatik vor und konnten sich über viel Beifall freuen.

45 Jahre deutsch-mongolische Zusammenarbeit in Geologie und Bergbau
Mit einem Rundtischgespräch und einer wissenschaftlichen Konferenz am 05. und 06. November in Ulaanbaatar begingen Mongolen und Deutsche den 45. Jahrestag ihrer Zusammenarbeit in Geologie und Bergbau.
Die deutsche Delegation wurde von Dr. F. Schwartz, Abteilungsleiter Europa und Asien-Pazifik der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) geleitet.
L. Bold, der Leiter des Amtes für mineralische Rohstoffe und Erdöl, lobte beim Rundtischgespräch „Tradition und neue Möglichkeiten für die deutsch-mongolische Zusammenarbeit im Bereich Geologie und Bergbau" den Beitrag der deutschen Geologen bei der Entwicklung des Bergbau- und Geologiesektors in der Mongolei.
Seit 1990 wurde die Zusammenarbeit ausgedehnt. Die Deutschen leisteten und leisten Unterstützung bei der Einrichtung des Zentrallabors für Geologie, bei der Erforschung nichtmetallischer Ressourcen und beim Schutz der natürlichen Reichtümer des Landes.
Die Mongolen hoffen auf deutsche Unterstützung bei der Kohleverflüssigung. Erste Absprachen dazu wurden bereits getroffen.
Am 07. November hatten die Delegationsmitglieder die Möglichkeit, die Goldmine „Boroo Gold" im Zentralaimag zu besichtigen.

Übrigens: Die kürzlich erfolgte Suspendierung Bolds wurde vom Ministerpräsidenten nicht akzeptiert und aufgehoben. R. B.


Begrüßung eines Staatsgastes vor dem Regierungspalast in Ulaanbaatar

Mongolische Armeemusiker beim 13. Berliner Militärmusikfest
Erinnern Sie sich? Am 01. November waren 40 Mitglieder des Musikensembles des Generalstabes der Mongolischen Armee nach Deutschland gereist.
Damit folgten sie einer Einladung zum 13. Berliner Militärmusikfest am 03. und 04. November in der Max-Schmeling-Halle.
Musiker aus neun Ländern, darunter Indien, Großbritannien, Schweden und Österreich, wetteiferten um die Gunst des Publikums.
Die Mongolen brillierten nicht nur mit traditioneller mongolischer Militärmusik in exakter Exerzierformation, sondern gefielen auch mit ihren Darbietungen von Big Band-Klängen.
Nach ihren Auftritten in Berlin und Köln spielen die Musiker längst wieder zu Hause.
Sie sind bei den Begrüßungen ausländischer Staatsgäste und bei den Akkreditierungen der neuen Botschafter dabei, spielen zu den Staatsfeiertagen und bei Musikfesten auf.
Auch im Winter sind sie mit ihren rotblauen Paradeuniformen auf dem Sukhbaatarplatz oder vor dem Regierungspalast im Einsatz.

Lesen Sie am 16.12. u. a. einen Beitrag über die Regierungsbildung und das Novembersumoturnier. R. B.


   

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